Hasso Spode

Der Tourismus als Leitfossil der Moderne – Kontinuität und Wandel
Vortrag

Anhand von versteinerten Leitfossilien können Geolog*innen erdgeschichtliche Epochen bestimmen; analog dazu kann der Tourismus als kulturhistorisches Leitfossil der Moderne fungieren. In seinem Vortrag gibt Professor Hasso Spode dazu einen breiten historischen Überblick: Von der Erfindung des Reisens als Selbstzweck in der Romantik über die Entstehung der Tourismusindustrie im 19. und 20. Jahrhundert bis zur Omnipräsenz des Tourismus heute. Sein Fokus liegt dabei auf den Ambivalenzen dieser Entwicklung. Einerseits bedeutete der Siegeszug des Massentourismus eine großartige Demokratisierung bis dahin elitärer Praktiken; dies brachte Wohlstand in verarmte Regionen wie das Alpenland und die europäischen Küsten, wo der touristische Blick plötzlich aus hässlichen Unorten „authentische“ und „natürliche“ Attraktionen machte. Andererseits bedeutete die Tourismusindustrie für diese Orte allein durch die hohen Besucher*innenzahlen schon immer eine kulturelle und physische Bedrohung; neuere Kritik wiederum adressiert den ökologischen Fußabdruck der Tourismusindustrie. Spode berichtet vom Tourismus-Boom in der NS-Zeit, vom Wiederaufbau der Tourismusindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg und schlägt einen Bogen zur gegenwärtigen Tourismuskritik. Bemerkenswert ist dabei laut Spode, wie hartnäckig sowohl die romantische Grundhaltung als auch die Touristenschelte fortleben. Wir ahnen, dass „Natürlichkeit“ und „Authentizität“ unerfüllbare Fantasien sind, die uns trotz allem ungebrochen faszinieren.


Hasso Spode (1951, Berlin) ist Historiker, Soziologe und einer der Begründer der historischen Tourismusforschung. Sein besonderes Interesse gilt der Geschichte der Mobilität sowie der Sozialgeschichte des Alkoholkonsums. Hasso Spode lebt in Berlin.

25.9.19, 19:00

Dauer: 60 min.

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