Riccardo Giacconi

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Installation

Und wenn wir nur noch die Wahl zwischen zweierlei Faschismen hätten? Riccardo Giacconi widmet sich in seiner neuen Arbeit diesem hoffnungslosen Szenario. Während des Zweiten Weltkriegs hatten die Südtiroler*innen die Option, entweder ins nationalsozialistische Österreich oder in andere Teile des Dritten Reichs auszuwandern, oder aber im faschistischen Italien zu bleiben. Dort wurden sie gezwungen, sich der italienischen Kultur und Sprache anzupassen. In seiner Installation in den Räumen des Grazer Kunstvereins und einer Performance auf den Straßen von Graz erkundet Giacconi Resonanzen zwischen dem Zeitalter der sogenannten Südtirol-Option und dem gegenwärtigen politischen Klima in Europa. Seine Installation nutzt Volkskultur, politische Propaganda und Zeitzeugenberichte, Schattenspiele, Plakate, Film- und Tondokumente, um eine kritische Sicht auf Vorstellungen von Staatsbürgerschaft, Blut-und-Boden-Ideologie oder Migration zu gewinnen. Seine Performance spielt auf die Arbeit junger Zeitungsverkäufer*innen ohne Zeitungsstand an, die früher tagesaktuelle Nachrichten schreiend proklamierten. Dieses Format bemühend, dekonstruiert er zugleich „Die zehn Gebote des Umsiedlers“, ein historisches Merkblatt, das an Optanten aus Südtirol bei ihrer Rückkehr „heim ins Reich“ ausgehändigt wurde. Giacconi spielt mit Fiktion, Abstraktion und dem Erzählen im historischen Präsens und verbindet die beiden mehr als siebzig Jahre auseinanderliegenden Zeitpunkte miteinander. Unsere heutigen Verhältnisse werden dabei durch die Linse eines vergangenen Ereignisses betrachtet.

20.9.–20.11.19

Grazer Kunstverein
Burggasse 4
8010 Graz
♿ Zugänglich für Rollstühle
http://www.grazerkunstverein.org

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Eintritt frei mit Festival-Pass

In Auftrag gegeben und produziert von steirischer herbst ’19 und Grazer Kunstverein

Unterstützt vom Generalkonsulat für Zeitgenössische Kunst und Architektur und Urbane Peripherien des Italienischen Ministeriums für kulturelles Erbe und kulturelle Aktivitäten im Rahmen des Italian Council Programms 2019

In Zusammenarbeit mit Carteles La Linterna (Cali), Franco Citterio (Compagnia Marionettistica Carlo Colla e Figli), Herlyng Ferla, Künstlerhaus Büchsenhausen, Giulia Marzin, Verena Rastner (ar/ge kunst), Katja Renzler, Stadtarchiv Innsbruck, Ina Tartler (Vereinigte Bühnen Bozen), Tiroler Landesarchiv und Carolina Valencia Caicedo


→  Videoarchiv

Riccardo Giacconi (1985, San Severino Marche, Italien) ist ein Künstler, dessen Praxis oft auf historischen Recherchen beruht und der die Komplexität narrativer Formen erforscht. In seinen Filmen, Performances und Installationen untersucht er Verwerfungen und Grenzverschiebungen in der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Riccardo Giacconi lebt in Mailand.